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PRIVATPARTYCHECK // Friesenstraße 54-56

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Horrorfilm – Connaisseure wissen sehr genau darüber Bescheid, dass man die Geister der Vergangenheit keineswegs mit dem Einzug einer freundlichen Kleinfamilie aus ihrem alten Domizil vertreiben kann – die Aura ist und bleibt die alte. Wie also hat man sich eine WG-Abrissparty vorzustellen, die in einem ehemaligen Puff situiert ist…? Richtig! Laut, wild, verschwitzt, versoffen und schamlos.

Wer die Nacht von Freitag auf Samstag im ehemaligen Hotel Lotte im Friesenviertel verbracht hat, kam in den Genuss einer Privatparty der Art, wie sie das clubverwöhnte und Ordnungsamt-terrorisierte Köln selten erleben darf: Unter dem Motto » Schluss mit lustig – alles muss raus! « feierten 6 ½ Bewohner auf 5 Etagen in 2 benachbarten Häusern ihren baldigen Auszug. Und kamen dabei auf Besucherzahlen in schwindelerregenden Höhen, die dem amerikanischen Türsteher in Hells-Angel-Optik triftige Gründe für ihr Aufkreuzen liefern durften.

Auch weiterhin wurde die Kreativität der Partygäste gefordert, denn außer dem üblichen promiskuitiven und polytoxikomanen Fetentreiben mit drei brüllend laut beschallten Floors und hübschen Visuals zwischen Balsamicoflaschen und Gewürzmühlen gab es auch einen eigendynamischen Kunsttherapie-Raum in den oberen
Gemächern. Dessen ehemals weiße Wände überraschten nämlich sogar seinen Bewohner nach eigenen Angaben nach einer nur halbstündigen Abwesenheit mit expressionistischen Schmieragen von allerlei Partybesuchern mit Drang zur
Reviermarkierung. Nicht zuletzt wäre noch das Bild für die Götter zu erwähnen, welches sich beim Ausblick in den Innenhof aus jeweils einem der beiden kontaminierten Gebäuden ergab: Wer noch irgendwie geradeaus blicken konnte, hatte nämlich die seltene Gelegenheit, den fröhlich hüpfenden Feierkollegen gegenüber auf allen Stockwerken durch beschlagene Scheiben zuzuwinken. Wenn das mal kein absolutes Horrorszenario für Kölns Spießernachbartum bot…?

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Text & Fotos: © by Irène Kwong für GLEICH

En Vogue³: SUBCOUTURE

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GLEICH - Ausgabe 03 (Oktober 2008)_rz.indd

Subcouture ist eine wahre Schatztruhe. Ob Topstylist, Bühnenmensch oder Diskotier: Wer in diesem einzigartigen Sammelsurium von »Up-to-date« bis »Past & Future Fashion« nicht fündig wird, ist wahrscheinlich einfach überfordert – oder zu konservativ. Denn neben kostbaren Raritäten sämtlicher Dekaden und einer unverschämten Vielfalt an 80er Stiefeln, garantieren betörende Fummel von »Muchacha«, »Dept« und »Sirup« dafür, dass der Laden mit vollen Tüten und leeren Geldbeuteln verlassen wird. Wir haben für euch die schrägen Outfits in ein mindestens genauso schräges Szenario eingebunden und vor den Kulissen zweier grandioser Settings in der Tabledance Bar »Stardust« im Belgischen Viertel und »Odonien« Filmstills aus einem ungedrehten Roadmovie erschaffen. Herzlich Willkommen im wilden Westen Kölns!

SUBCOUTURE
HAHNENSTR. 45, BELGISCHES VIERTEL
TELEFON +49 (0)221 3 02 62 75
M O – FR 11–20 UHR + SA 11–19 UHR

KONZEPT, FOTOS & LAYOUT: IRÈNE KWONG
KONZEPT & STYLING : ALEX SPORTELLI
LICHT & WIND: MIKE BECK
MODELS: LEIL A, ANNA UND ASTRID
SET ASSISTENZ : CHRIS (ODONIEN)
LOCATIONS : S TARDUST TABLEDANCE BAR & ODONIEN

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FOTOS: © 2008, by Irène Kwong für GLEICH

Kölsche Nazis

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Text: Ario Ebrahimpour Mirzaie ◊ www.ordnungspolitiker.de
Foto unten: Andrea Erismann

prohirnstattprokoelnPro Hirn statt Pro Köln

Seit 2005 sitzt eine rechtsextreme Partei im Kölner Stadtrat – Pro Köln. Als Bürgerbewegung getarnt, machen sie regelmäßig Stimmung gegen all jene Minderheiten, die Köln zu dem machen was es ist. Eine der buntesten Metropolen Deutschlands. Tausende gingen zuletzt auf die Straße, um gegen die zweite von Pro Köln initiierte „Anti-Islamisierungs-Konferenz“ zu demonstrieren. Das erste Treffen europäischer Rechtsextremisten war im Zuge zahlreicher Blockaden im September 2008 gescheitert. GLEICH war aktiv und berichtete in #003 im Oktober 2008, zum Artikel.

Wer Markus Beisicht – Rechtsanwalt, Jahrgang 1963, verheiratet, zwei Kinder – in der Kölner Innenstadt über den Weg läuft, ahnt nicht Böses. Wer würde schon vermuten, dass sich hinter dem Mann mit dem schwarzen Hemd, der schicken Brille und dem passenden Sakko der Wortführer einer rechtsextremen Partei verbirgt? Die Zeiten, in denen man Nazis nur an Glatze und Springerstiefeln erkennen konnte sind vorbei. Die neuen Rechtsextremisten treten bürgerlicher und subtiler auf. Dieses Spiel beherrscht auch die „Bürgerbewegung Pro Köln“. Nicht umsonst trägt man nicht mehr den früheren Namen „Deutsche Liga für Volk und Heimat“.Auf die Hilfe der „klassischen“ Rechtsextremen will man trotzdem nicht verzichten. Kontakte zur NPD sowie zur Freien Kameradschaftsszene werden pfleglich behandelt.

prohirnstattprokoeln2Die politischen Ziele von Pro Köln sind schnell skizziert. Sie greifen auf populistische Art und Weise Vorurteile auf, um die Menschen bis tief in die bürgerliche Mitte der Gesellschaft für ihre Ideen zu gewinnen. Da wäre die Angst vor Überfremdung und steigender Kriminalität sowie der kölsche Klüngel. Das gebetsmühlen-artige Wiederholen des „wir“ gegen „die da oben“ gehört zum festen Repertouire rechtspopulis-tischer Gruppen wie Pro Köln. Die steigende Politikverdrossenheit dient ihnen dabei als gute Ausgangsbasis. Umso weniger Menschen wählen gehen, desto erfolgreicher ist Pro Köln. In einem Programmentwurf steht: „Nicht länger unterstützt werden sollen verfassungsfeindliche Extremisten, Schwulen- und Lesbengruppen sowie obskure Multi-Kulti-Projekte von Alt-68-ern.” Die Feinde sind klar benannt: Linke, Migranten, Lesben und Schwule. Und der Islam? In ihren Augen eine feindliche Gesinnung. Schon seit längerem versucht Pro Köln die Proteste gegen den Moscheebau in Köln-Ehrenfeld für ihre Zwecke zu mißbrauchen. Teilweise sogar recht erfolgreich. So wurde die Teilnahme von Rechtsextremen an Diskussionen und Demonstrationen teilweise geduldet. Hier sind nicht nur die Anwohner sondern auch die etablierten Parteien gefragt. Deren Informationspolitik bezüglich der Moschee war keine politische Glanzleistung. Pro Köln wird auch in Zukunft versuchen, durch platte Parolen den sozialen Frieden in Köln zu stören.

Am 30. August sind Kommunalwahlen. Auch Pro Köln ist wieder mit von der Partie. Trotz miserabler Bilanz im Kölner Stadtrat. Kein einziger Antrag der Rechtsextremen kam durch. Und die Moschee? Die wird natürlich weiter gebaut. Markus Beisicht – der als Rechtsanwalt Neonazis wie Axel Reitz verteidigt hat – dürfte das wenig interessieren. Er hofft auch im August wieder ins Rathaus einziehen zu dürfen.

Wer mehr wissen möchte dem empfehlen wir das Buch „Rechtspopulismus als Bürgerbewegung“ von Alexander Häusler. Mehr Informationen unter www.vs-verlag.de.

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Foto: © 2008, by Andrea Erismann

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En Vogue³: Freitag & Mlle Tambour

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Organisation: Stefanie Neumann, Thomas Rodehuth, Chris Geilhausen
Fotos : Stefanie Neumann ◊ www.stefanie-neumann.de
Assistenz : Fenke Schwan ◊ www.trespluscool.com, Thomas Rodehuth
Styling : Chris Geilhausen ◊ www.geilhausen-styling.de
Hair & Make up : Petra Beyer ◊ www.petrabeyer.com
Models : Nanouk Florian Baudrot, Stefan Meister (eq-models), Pia Gil Céspedes, Anna Droemont (eq-models)
Location : Zirkus Zak ◊ www.zak-koeln.com
Postproduktion : Ruth Spiller ◊ www.pixelchic.de
Text: Thomas Rodehuth ◊ www.itsnottoomuch.blogspot.com

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Freitag & Mlle Tambour

Nehmen wir zum einen eine LKW-Plane und zum anderen ein Atelier vollgepackt mit Knöpfen. Das Ganze stecken wir einfach in den Zirkus – passt nicht? Oh doch! In unserer Modestrecke präsentieren wir dieses mal zwei Labels, die unterschiedlicher nicht sein könnten und uns dennoch dazu veranlasst haben, eine wundersame Symbiose zu formen. Die Geschichte der FREITAG Taschen dürfte wohl fast Jedem bekannt sein; jede Tasche ist einzigartig recyclelt und aus echten LKW-Planen gefertigt. Die Produktion der Unikate findet seit Anbeginn der Firmenhistorie in Zürich statt und umfasst mittlerweile weitaus mehr als nur Kuriertaschen, denn auch Notebook-Taschen, Etuis, Clutchs und viele andere Beutel haben die Gebrüder FREITAG entwickelt.
envogue1Ganz anders bei Mademoiselle Tambour. Die Designerin Monika Tambour fing in Berlin damit an, ihre Entwürfe in die Realität umzusetzen und unter das Volk zu bringen. Sie startete 2001 direkt mit einer Damenkollektion. Seit Mai 2008 ist sie bei uns in Köln auf der Moltkestraße zu finden. Mlle Tambour zeichnet sich vor allem durch das elegant-sportliche, adrette und vor allem immer tragbare Design aus. Kleinigkeiten werden hier hervorgehoben – so werden z.B. ihre Vintageknöpfe aus der großen Sammlung oder auch farbige Abnäher zum Hingucker. Inspiration holt sich die freundliche Designerin auf Flohmärkten, in Vintage-Shops, im Gespräch mit Kunden sowie alten französischen Filmen. Kundenwünsche kommen hier nicht zu kurz, denn alle Schnitte der aktuellen Kollektion können individuell bis Größe 44 angefertigt werden. Neben der Damenlinie findet man hier auch frisch aufgestöberte Jungdesignerlabels aus der ganzen Republik: für Frauen und Männer, die auf der Suche nach kreativer Mode zwischen individuellem Chic und Streetstyle sind. Zusätzlich gibt es hübsche Kleinigkeiten zum Behalten und Verschenken – die „Petites Surprises“, wie Monika Tambour sie selbst nennt. Alle Oberteile an unseren männlichen Models sowie die Tops und Kleider bei den Mädels stammen aus der aktuellen Kollektion von Mlle Tambour. Auch die verschiedenen Modelle von FREITAG findet ihr im Kölner Store.

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FREITAG
Friesenwall 24
50672 Köln
Telefon +49 (0)221 / 27 26 08 80
www.freitag.ch

mllelogo

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MLLE TAMBOUR
Moltkestrasse 52
50674 Köln
Telefon +49 (0)221 / 26 00 61 70
www.mlle-tambour.de

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Fotos: © 2009, by Stefanie Neumann für GLEICH

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Klangkontrolle

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Reviews: Senta Best ◊ senta@gleich-magazin.de

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Division Of Laura Lee

„Violence Is Timeless”
Unter Schafen Records/Al!ve
VÖ: 22.05.09

In Zeiten, als Schweden noch als Nr. 1-Garant für anständigen Punkrock galt, war noch alles gut; stand auf der CD „Schweden“ drauf, war eben auch Schweden drin. Man musste CDs gar nicht anhören und wusste, was einen ganz grob erwartete. Seit geraumer Zeit ist das alles etwas anders. Mühsam quält man sich von Song zu Song, die rechte Hand ständig in Schubladen-Bereitschaft. Doch so ganz auf oder zu kriegt man die Lade nicht mehr. Da wird an diversen Fächern rumgeschraubt, auf denen seit geraumer Zeit ähnlich pfiffige Stilmixe wie Post-Punk, Indie-Sixties-Garage-Rock und ähnlicher sich teils widersprechender Buchstabenkladeradatsch entziffert werden muss. Und damit soll man dann bitteschön klarkommen? In Zeiten, da sowieso alles irgendwie kann und auch darf, nichts muss, allerdings immer mehr durcheinander gerät und Grenzen verschwimmen ist das auch durchaus angebracht!
Die vier Jungs aus Schweden nutzen diese absolute Orientierungslosigkeit bis ins Detail aus: Sie verkleiden sich als brave Schwiegersöhne mit Fönfrisur, klingen dann aber mal punkig oder auch nach Sixties-Garage-Rock. Um sich im übernächsten Song plötzlich 90er-Grunge, bzw. Nirvana und kurz auch mal Sonic Youth auf die Fahne zu schreiben. Geil! Zur Krönung sprengen Division of Laura Lee im Video zu „LAX” auch noch einen Kindergeburtstag; hm, waren das nicht die Schweden mit der Kinderfreundlichkeit, samt Ikea, Pippi Langstrumpf und Co.? Auf nix ist also mehr Verlass. Egal, Hauptsache es klingt gut. Ein paar gehörige Ecken und herausragende Kanten zum lieb haben hätten dem dritten Studioalbum sicherlich als allerletzten Kick ganz gut getan, die 12 Songs kleben aber auch so gehörig in meinem Ohr.

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Scanners-KK

Scanners

„Violence Is Golden”
Unter Schafen Records/Al!ve
VÖ: 30.04.09
www.myspace.com/scanners

Schon wieder diese Gewalt im Titel. Und das bei zwei von drei Plattenkritiken dieser überschaubaren Rubrik. Alles Zufall, ich schwör’s! Violence scheint sowohl zeitlos (was ich trotz meines jugendlichen Alters bestätigen kann) als auch golden – hier sind mir allerdings Sinn und Zustimmung verloren gegangen. Macht aber nix, denn wer mich mit einer so verdammt besonderen, liladunkel-rauchigen Stimme einlullt wie Sarah Daly von den Scanners, kann mir so gut wie alles verkaufen! Der Rest der Band fügt genau das fehlende Quäntchen ideenreichen – hm, nennen wir es der Einfachheit halber mal Gitarrenrock – hinzu. Dieser fällt zwar nicht allzu sehr aus dem Rahmen, aber viel mehr als Sarah muss es hier eigentlich auch gar nicht sein. Danke England, endlich mal wieder!!!

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tanzbaby-KKTanz Baby!

„Liebe”
Karate Joe
VÖ: 09.04.09
www.tanzbaby.com

Wie unverschämt und abgebrüht muss man sein, dass einem ein solch großartiger Bandname einfällt? Und wieso konnte dieser eigentlich nicht mir einfallen? Aber – Kopf hoch, dann hätte ja sowieso die zum Namen passende Band gefehlt. Wer allerdings hinter Tanz Baby! wummernde Beats vermutet, die auf Tanzflächen ihre werte Daseinsberechtigung feiert, hat sich ordentlich geschnitten. Hier haben wir es mit dem putzigen Songschreiber Mu und dem dandyesken Sänger David aus Berlin zu tun und schon der erste Titel „Ich bin traurig” ist Programm. Aber um wirklich traurige Musik zu machen, dafür gibt sich dieses Hauptstadt-Duo viel zu schrullig. Außerdem gibt es auch `ne ganze Menge schwungvollere Songs wie „Wo bist du”, die musikalisch eher Richtung Elektro-Punk gehen. Die liebestollen Texte werden passend umrahmt von nach Heimat klingendem Akkordeon und calexicoartigen Bläsertönen. In das Konzept der smarten Hauptstädter passt sowohl der schnieke 50er Jahre Anzug, der rüpelhafte Matrosen-Style, sowie ein sanft gerolltes „R“ an diversen Textstellen. Welches Konzept denn eigentlich? Ja, eben!

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Casiotone: „Vs. Children“

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Interview: Dennis Bigell ◊ dennisbigell@yahoo.de
Foto: Andrea Erismann ◊ andreaerismann@gmx.net

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Casiotone For The Painfully Alone

Im April stellte Owen Ashworth mit seiner Band Casiotone For The Painfully Alone das neue Album „Vs. Children“ im Kölner Subway live vor. Vor dem Auftritt stärkten sich die Jungs noch beim Thailänder und wir nahmen die Gelegenheit war, um Owen ein paar Fragen zu stellen.

Hi Owen, du hast eine lange Tour vor dir. Vermisst du deine Heimat?
Ich toure schon zum sechsten mal in Europa und zum fünften in Deutschland und bin lange unterwegs. Ich sehe daher leider selten meine Familie . Diesmal bin ich aber froh, dass mein kleiner Bruder Gordon mich unterstützt. Er ist das erste mal in Europa und es gefällt ihm gut. Morgen zeig ich ihm die Stadt und den Dom.

Euer Label Tomlab ist ja auch hier in Köln ansässig. Wieso sind sie hier so unbekannt?
Tomlab veröffentlicht vorwiegend Bands, die experimentelle elektronische Musik machen. Die meisten Platten werden in Japan und den USA verkauft. Tom unterstützt uns sehr und hilft uns heute zum Beispiel beim Merchandise. Er begleitet uns oft auf Tour!

Bist du gerne hier und merkst du kulturelle Unterschiede?
Ich bin sehr gerne in Köln und fühle mich auch sehr gut aufgehoben. Unterschiede sehe ich nicht direkt. Wobei ich manchmal das Gefühl habe, dass mein Humor ein anderer ist und nicht immer verstanden wird. Aber das ist ja auch nicht weiter schlimm.

Du hast ja als  Filmstudent angefangen und bist dann später zur Musik gekommen. Wieso dieser Wechsel zwischen den zwei Medien?
Für mich fühlt es sich gleich an. Ich konnte nur nicht die Filme machen, die ich gerne machen wollte und fand es einfacher meine Ideen in Musik umzusetzen. Ich sehe meine Lieder wie kleine Filme.

Das letzte Lied auf deinem Album heißt „White Jetta“. Was steckt dahinter?
Viele Menschen bauen einen persönlichen Bezug zu ihren Autos auf und geben ihnen Namen. Mein erstes Auto war ein  schwarzer Jetta. Da es aber schon ein Lied namens „Black Jetta“ gibt, wurde er in meinem Track eben weiss.

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Bandinfo

casiotone-ALBUMCasiotone for the painfully alone ist das Indietronic Projekt vom Chicagoer Musiker und Ex-Filmstudent Owen Ashworth. Nahm er seinen ersten Track noch mit einem Anrufbeantworter sowie einem alten Casiokeyboard auf, so hat er mittlerweile Gastmusiker mit akustischen Instrumenten an Board und hat gerade das fünte Album „Vs. Children“ rausgebracht.
Sein Konzept: minimalistische Beats, eingängige Synthiemelodien und lyrische Texte, meist gesprochen jedoch auch mal gesungen. In den Texten steckt nun auch das Wunderbare an Owen Ashworth. Er erzählt in ihnen Geschichten voller glaubwürdiger Charaktere. Seine Musikstücke sind grandiose und berührende Kurzgeschichten über gescheiterte Musiker, den Alltagsschmerz und dem Kampf um die nächste Miete.

Der Track „Tom Justice, the Choir Boy Robber“ ist inspiriert von der Verhaftung eines ehemaligen Arbeitskollegen Ashworths, der 26 Banken in den USA ausraubte und erzählt die Geschichte eines Kriminellen, der den Spitznamen „Chorknabe trägt, weil er beim Ausräumen der Safes den Kopf stets demütig gesenkt hielt; freilich will er dadurch nur vermeiden, sein Gesicht in die Überwachungskameras zu halten. In der letzten Strophe kommen sodann Schuld und Sühne im simpel gestrickten Lo-Fi-Gewand zusammen: „And Tom I heard you were smiling, when the feds rushed in. Was it a kind of relief, zo pay for your sin?

Die Reue zieht sich motivisch durch das gesamte fünfte Studioalbum von CFTPA, der sich mit „Vs. Children“ nahezu durchgängig dem Themenkomples der Schwangerschaft, des Erwachsenwerdens, der vertanen Chancen und des Elterndaseins widmet: „Wie wäre es gewesen, wenn wir den Sohn bekommen hätten, der heute 15 Jahre alt wäre?“, fragt das lyrische Ich in „Natural Light, während es in „Killers die Freundin darum bittet, die Abtreibungs-Pille zu nehmen, da man ohnehin kaum füreinander sorgen könne. Abschließend werden die berühmten Zeilen David Bowies so traurig wie nie zuvor variieret: „We could be killers – just for one night.

Owen Ashworth: vocals, organ, drum machine & electronics
Gordon Ashworth: piano & lap steel guitar
Nick Tamburro: resonator bells & drums
Tyson Thurston: baritone guitar & piano
www.cftpa.org

Foto: © 2009, by Andrea Erismann

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wergehthin.de empfiehlt

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Von Annika Leister und Nina Ranft, Redaktion wergehthin.de

„Die Kunst ist alt und hat eine lange Geschichte.” (Konrad Fiedler) – Wir sind jung und haben keine Zeit für lange Geschichten. Wir wollen unterhalten werden, aber bitte mit Gehalt. Wir wollen alles immer als erste entdecken und uns trotzdem sicher sein, dass die Qualität stimmt.

Köln bietet über 30 Museen, 70 Theater und hunderte Galerien. Aber, wo lohnt es sich wirklich hinzugehen und was sind die wirklichen Geheimtipps der Szene? Die Redaktion des Online-Eventkalenders wergehthin.de recherchiert für die Bereiche Kunst & Kultur, Nachtleben und Konzerte täglich die aktuellsten Infos und stellt regelmäßig Empfehlungen für die User zusammen. Auf dem GLEICH Blog zeigt wergehthin.de ab jetzt regelmäßig interessante und unbekannte Kunst- und Kulturspots, die Qualität, Gehalt und Unterhaltung bieten.

Kinofreunden zeigt das Cinenova Arthouse-Center eine interessante Alternative zu den üblichen Filmpalästen. Mitten in  Ehrenfeld gelegen, rangieren die gezeigten Filme irgendwo zwischen alten Hollywood-Streifen und dem neuesten Indie-Hit. Nach der Vorführung kann man sich mit Wein aus biologischem Anbau im Restaurant oder einem Weizen im Biergarten niederlassen. Dort werden ab Juli auch abends unter offenem Himmel wieder Kassenschlager und große Filme aus vergangenen Zeiten gezeigt.

Im Belgischen Viertel finden sich an jeder Ecke kleine Galerien mit kostenlosen (!) Ausstellungen fesselnder, moderner Kunst. Eine davon ist die Galerie 100 Kubik: In zwei Räumen werden ausschließlich Werke viel- versprechender Künstler aus der Reihe „Junge Talente aus Spanien“ gezeigt. Die Galerie bietet bei jeder Ausstellung außerdem einige Stücke besonders günstig an, um auch jungen Kunstfreunden die Chance zum Sammeln zu geben.

Trocken, verstaubt, langweilig? Dass das Kolumba das Museum des Erzbistums Köln ist, lässt es nicht sonderlich spannend wirken. ABER: Von der Antiquiertheit der Kirche ist hier nichts zu spüren. Mutig wendet man sich gegen die althergebrachte Ausstellungsweise. Im Rahmen der Ausstellung „Der Mensch verlässt die Erde“ hängen im Kolumba hochwertige Skulpturen, Installationen und Fotografien aus verschiedenen Epochen direkt nebeneinander. Der Eintritt (5 Euro, erm. 3 Euro) lohnt sich vor allem wegen den beeindruckenden Eigenheiten der ehemaligen spätgotischen Kirche: Im Erdgeschoß kann man über ein großes Ausgrabungsfeld laufen oder die Architektur des lichtdurchlässigen Mauerwerks bestaunen.


Alle Öffnungszeiten, Eintrittpreise und weitere Infos gibt’s auf:  www.wergehthin.de


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Interview: Marquez Ill

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Interview: Anne Sell ◊  analytickerin@gmx.de /  Simone Hafke ◊ insomnia.simone@gmx.net
Foto: Anne Sell

MARQUEZ ILL

marquezill-INTERVIEWName: Marquez Ill
Alter: alt genug
Sternzeichen: Stier
Label: Voltage Musique Records
Bier oder Wein? Bier
Zitat: „Du gibst ihnen einerseits was wovon sie lernen und ihren Horizont erweitern können und dann gibst du ihnen das fette Ding, was sie dann wegbrezelt!“

www.voltage-musique.com
www.myspace.com/marquezill

Wir haben uns an einem schönen Sonntag Nachmittag in der Bar 25 in Berlin mit Marquez Ill getroffen, um ein wenig mit ihm über seine neueste Elektroplatte, die Zusammenarbeit mit Näd Mika und sein Label zu plaudern…

Beschreibe Deine Musik in 3 Worten!
Für die Leute!

Was glaubst du unterscheidet Dich von den anderen unzähligen DJs?
Ich bin nicht der Typ, der unbedingt im Vordergrund stehen muss, das können andere besser. Ich stehe eher im Hintergrund, spiele dafür aber keinen Standardsound. Außerdem bin ich schon seit ’92 hinter den Decks, ich weiß also genau was ich da tue.

Was hat Dich musikalisch geprägt?
Früher habe ich ganz andere Musik gehört, als ich heute mache. Ich bin z. B. mit Chicago House und Acid House groß geworden. Als dann Techno anfing, fand ich den Sound erst ziemlich scheiße. Deswegen habe ich mich dem Hip Hop zugewandt und war dann auch  relativ lange Hip Hop DJ und Produzent. Aber irgendwann hat mich das total gelangweilt. Ich habe ständig für Leute aufgelegt, die nur vor sich hin gechillt und mit dem Kopf genickt haben, das war mir zu wenig. 2003, zur Hochzeit des Electroclash, habe ich elektronische Tanzmusik wieder für mich entdeckt und seit 2005 bin ich in Aachen in der Monoheidi Resident. Dort trifft man unter anderem auch mal Hans Nieswandt, der ja Kölner ist, oder Sharam Jey. Hans Nieswandt, hab ich mir sagen lassen, war von meinem Set sehr begeistert.

Und für wen spielst Du heute am liebsten?
Ich habe den Ehrgeiz entwickelt, für Frauen zu spielen, weil viele DJs nur für ihre Kumpels oder für sich selber auflegen. Ich will, dass die Mädels tanzen, denn wenn die rocken, dann gehen die Jungs mit, das weiß doch jedes Kind (lacht). Für die Mädels muss die Musik sexy genug sein und für die Jungs cool genug… that´s it!

Wie bist du zu Deinem jetzigen Label Voltage Musique Records gekommen?
Das Label existiert bereits seit 2002/03. Miss Kittin hatte in dieser Zeit auch Platten von denen auf den Tellern, ziemlich basslastige und unkonventionelle Musik. Ich kannte damals ein oder zwei Platten von den Jungs (Nitsch & Gleinser), die mir gut gefielen. Daraufhin habe ich einen der beiden in die Monoheidi eingeladen und ihn live spielen lassen. Mit der Zeit habe ich dann immer mehr mit dem Label zusammengearbeitet, sodass wir schließlich entschieden haben, dass ich komplett mit einsteige.

Was hat Dich dazu bewogen mit Näd Mika zusammen zu arbeiten?
Ich habe damals einen in Düsseldorf lebenden DJ kennen gelernt, für den ich einen Gig in einem Altstadtclub übernehmen sollte, in dem sie auch spielte. Außerdem gibt es da noch eine Gruppe, Schwefelgelb, die ich aus Aachen kenne und die viel mit ihr zusammengearbeitet haben. Eines Tages kam Näd Mika auf mich zu und fragte, ob ich einen Remix für sie machen könne. Wahrscheinlich hatte sie meine Platte gehört und fand sie gut.  (grinst)

Das Label bei dem sie unter Vertrag ist, heißt Madame Visage und sie ist dort einer der Hauptacts. Der Song den ich geremixt habe ist schon ca. 5 Jahre alt und heißt „Girlfriend“. Das Original ist 153 BPM schnell, meine Version nur 125 BPM, also eher gediegen. Den könnte man sicherlich auch hier spielen (Bar 25).

Du hast ja lange im Rheinland gelebt. Wie stehst Du zu Köln?
Köln ist meine zweite Heimat. Allerdings bin ich nicht wirklich von der Kölner Musikszene beeinflusst worden, da ich ja aus Berlin komme, wenn dann eher vom franko-belgischen Sound. Dennoch ist Köln aber die einzige Stadt in Deutschland, in der ich leben könnte, außer Berlin natürlich.

Und wo in Köln warst Du am Wochenende anzutreffen?
Es gab ja den Stadtgarten mit dem Studio 672, den Kompaktclub sozusagen mit Michael Mayer, Tobias Thomas usw. Da war ich sehr oft Freitags auf der Total Confusion und auch öfter im Subway wenn Acid Maria spielte. Dann gab es da noch das Artheater und das Camouflage, die mochte ich allerdings weniger. Ich bin ja nicht so „Techno“ (lacht).

Also magst Du lieber gemütliche, kleine & dunkle Clubs?
Ja, ich bin gerne mit dem Publikum auf Augenhöhe.

Du bist ja heimgekehrter Berliner, wie waren deine Erfahrungen im Rest der Republik?
Also, als ich in Aachen gewohnt habe, habe ich ja ständig in Köln, Düsseldorf, Aachen, Maastricht oder Brüssel gespielt. Man kennt mich deswegen auch in Belgien sehr gut. Das Publikum dort ist meistens sehr offen gegenüber elektronischer Musik. In Deutschland will immer jeder Clubgänger, den für seine Stadt individuellen Sound haben… das nervt! In Belgien gehen die Leute einfach ab, wenn du guten Sound spielst.

Und was ist Dein momentanes Projekt?
Ich habe gerade meine erste eigene elektronische Platte als Marquez Ill veröffentlicht. Meine Hip Hop Projekte liefen natürlich unter anderen Namen. Außerdem remixe ich für verschiedene Künstler. Ein aktuelles Projekt was ich mir überlegt habe, trägt den Arbeitstitel: „We love Vector Lovers“. The Glitz und Andreas Henneberg machen Remixe von Vector Lovers Tracks und ich darf jetzt einen meiner Lieblingssongs für ihn remixen. Die werden dann wahrscheinlich auf Soma Records oder eben bei uns herauskommen.

Was hat es mit dem The Glitz Shirt auf sich, welches Du heute trägst?
The Glitz ist momentan unser bestes Zugpferd im Label und ganz vorne dabei! Von den Jungs werdet ihr demnächst noch einiges zu hören bekommen, also Ohren auf!

Möchtest Du abschließend noch etwas loswerden?
(Schaut sich in der Bar 25 um und grinst) Man, ist das hier ein Zirkus!

Foto: © 2009, by Anne Sell

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