Interview: Anne Sell ◊ analytickerin@gmx.de / Simone Hafke ◊ insomnia.simone@gmx.net
Foto: Anne Sell
MARQUEZ ILL
Name: Marquez Ill
Alter: alt genug
Sternzeichen: Stier
Label: Voltage Musique Records
Bier oder Wein? Bier
Zitat: „Du gibst ihnen einerseits was wovon sie lernen und ihren Horizont erweitern können und dann gibst du ihnen das fette Ding, was sie dann wegbrezelt!“
www.voltage-musique.com
www.myspace.com/marquezill
Wir haben uns an einem schönen Sonntag Nachmittag in der Bar 25 in Berlin mit Marquez Ill getroffen, um ein wenig mit ihm über seine neueste Elektroplatte, die Zusammenarbeit mit Näd Mika und sein Label zu plaudern…
Beschreibe Deine Musik in 3 Worten!
Für die Leute!
Was glaubst du unterscheidet Dich von den anderen unzähligen DJs?
Ich bin nicht der Typ, der unbedingt im Vordergrund stehen muss, das können andere besser. Ich stehe eher im Hintergrund, spiele dafür aber keinen Standardsound. Außerdem bin ich schon seit ’92 hinter den Decks, ich weiß also genau was ich da tue.
Was hat Dich musikalisch geprägt?
Früher habe ich ganz andere Musik gehört, als ich heute mache. Ich bin z. B. mit Chicago House und Acid House groß geworden. Als dann Techno anfing, fand ich den Sound erst ziemlich scheiße. Deswegen habe ich mich dem Hip Hop zugewandt und war dann auch relativ lange Hip Hop DJ und Produzent. Aber irgendwann hat mich das total gelangweilt. Ich habe ständig für Leute aufgelegt, die nur vor sich hin gechillt und mit dem Kopf genickt haben, das war mir zu wenig. 2003, zur Hochzeit des Electroclash, habe ich elektronische Tanzmusik wieder für mich entdeckt und seit 2005 bin ich in Aachen in der Monoheidi Resident. Dort trifft man unter anderem auch mal Hans Nieswandt, der ja Kölner ist, oder Sharam Jey. Hans Nieswandt, hab ich mir sagen lassen, war von meinem Set sehr begeistert.
Und für wen spielst Du heute am liebsten?
Ich habe den Ehrgeiz entwickelt, für Frauen zu spielen, weil viele DJs nur für ihre Kumpels oder für sich selber auflegen. Ich will, dass die Mädels tanzen, denn wenn die rocken, dann gehen die Jungs mit, das weiß doch jedes Kind (lacht). Für die Mädels muss die Musik sexy genug sein und für die Jungs cool genug… that´s it!
Wie bist du zu Deinem jetzigen Label Voltage Musique Records gekommen?
Das Label existiert bereits seit 2002/03. Miss Kittin hatte in dieser Zeit auch Platten von denen auf den Tellern, ziemlich basslastige und unkonventionelle Musik. Ich kannte damals ein oder zwei Platten von den Jungs (Nitsch & Gleinser), die mir gut gefielen. Daraufhin habe ich einen der beiden in die Monoheidi eingeladen und ihn live spielen lassen. Mit der Zeit habe ich dann immer mehr mit dem Label zusammengearbeitet, sodass wir schließlich entschieden haben, dass ich komplett mit einsteige.
Was hat Dich dazu bewogen mit Näd Mika zusammen zu arbeiten?
Ich habe damals einen in Düsseldorf lebenden DJ kennen gelernt, für den ich einen Gig in einem Altstadtclub übernehmen sollte, in dem sie auch spielte. Außerdem gibt es da noch eine Gruppe, Schwefelgelb, die ich aus Aachen kenne und die viel mit ihr zusammengearbeitet haben. Eines Tages kam Näd Mika auf mich zu und fragte, ob ich einen Remix für sie machen könne. Wahrscheinlich hatte sie meine Platte gehört und fand sie gut. (grinst)
Das Label bei dem sie unter Vertrag ist, heißt Madame Visage und sie ist dort einer der Hauptacts. Der Song den ich geremixt habe ist schon ca. 5 Jahre alt und heißt „Girlfriend“. Das Original ist 153 BPM schnell, meine Version nur 125 BPM, also eher gediegen. Den könnte man sicherlich auch hier spielen (Bar 25).
Du hast ja lange im Rheinland gelebt. Wie stehst Du zu Köln?
Köln ist meine zweite Heimat. Allerdings bin ich nicht wirklich von der Kölner Musikszene beeinflusst worden, da ich ja aus Berlin komme, wenn dann eher vom franko-belgischen Sound. Dennoch ist Köln aber die einzige Stadt in Deutschland, in der ich leben könnte, außer Berlin natürlich.
Und wo in Köln warst Du am Wochenende anzutreffen?
Es gab ja den Stadtgarten mit dem Studio 672, den Kompaktclub sozusagen mit Michael Mayer, Tobias Thomas usw. Da war ich sehr oft Freitags auf der Total Confusion und auch öfter im Subway wenn Acid Maria spielte. Dann gab es da noch das Artheater und das Camouflage, die mochte ich allerdings weniger. Ich bin ja nicht so „Techno“ (lacht).
Also magst Du lieber gemütliche, kleine & dunkle Clubs?
Ja, ich bin gerne mit dem Publikum auf Augenhöhe.
Du bist ja heimgekehrter Berliner, wie waren deine Erfahrungen im Rest der Republik?
Also, als ich in Aachen gewohnt habe, habe ich ja ständig in Köln, Düsseldorf, Aachen, Maastricht oder Brüssel gespielt. Man kennt mich deswegen auch in Belgien sehr gut. Das Publikum dort ist meistens sehr offen gegenüber elektronischer Musik. In Deutschland will immer jeder Clubgänger, den für seine Stadt individuellen Sound haben… das nervt! In Belgien gehen die Leute einfach ab, wenn du guten Sound spielst.
Und was ist Dein momentanes Projekt?
Ich habe gerade meine erste eigene elektronische Platte als Marquez Ill veröffentlicht. Meine Hip Hop Projekte liefen natürlich unter anderen Namen. Außerdem remixe ich für verschiedene Künstler. Ein aktuelles Projekt was ich mir überlegt habe, trägt den Arbeitstitel: „We love Vector Lovers“. The Glitz und Andreas Henneberg machen Remixe von Vector Lovers Tracks und ich darf jetzt einen meiner Lieblingssongs für ihn remixen. Die werden dann wahrscheinlich auf Soma Records oder eben bei uns herauskommen.
Was hat es mit dem The Glitz Shirt auf sich, welches Du heute trägst?
The Glitz ist momentan unser bestes Zugpferd im Label und ganz vorne dabei! Von den Jungs werdet ihr demnächst noch einiges zu hören bekommen, also Ohren auf!
Möchtest Du abschließend noch etwas loswerden?
(Schaut sich in der Bar 25 um und grinst) Man, ist das hier ein Zirkus!
Foto: © 2009, by Anne Sell